Die Orgel in der Neuapostolischen Kirche von München-Laim ist aus zwei Sichtwinkeln außergewöhnlich. Dies sind zum einen die musikalische Orientierung und zum anderen die architektonische Gestaltung
Die Musikalische Orientierung
Das Instrument lehnt sich an Chor- und Salon-Orgeln des berühmtesten Orgelbauers des 19. Jahrhunderts an. Es war dies der Franzose Aristide Cavaillé-Coll (1811-1899), der während seiner beruflichen Laufbahn und in seiner Firma an die 700 Instrumente weltweit geschaffen hat. Seine Orgeln waren bekannt dafür, dass sie sehr zuverlässig funktionieren und auch aus kleineren Dispositionen eine sehr effektive musikalische Klangfolge entwickeln.
Neben dem generellen Klangkonzept spiegelt sich auch dies in Ihrem Instrument wieder, z. B. mit den Pedaltransmissionen, die auch für Cavaillé-Colls Orgeln typisch waren.
Die konkrete Basis für solche Konzepte in unserem Haus legte in den letzten Jahren zum einen ein 3-manualiger Orgelneubau in der Schlosskirche von Chemnitz. Auch dieses Werk mit 45 Stimmen orientiert sich vollkommen am Klangstil von Aristide Cavaillé-Coll und wurde von Experten schon als die vielleicht beste neue Orgel in diesem Stil bezeichnet. Hierauf sind wir schon ein bisschen stolz!
Zum anderen durften wir vor einigen Jahren eine originale Orgel von Cavaillé-Coll im Franziskanerkloster von Madrid restaurieren. Auch dies wird sicher einer der Höhepunkte in der beruflichen Laufbahn eines Orgelbauers sein, denn es kommt sehr selten vor, dass man als deutscher Orgelbauer an diesen Instrumente wirken darf. Übrigens hat A. Cavaillé-Coll, obwohl er in die ganze Welt exportierte, nie eine Orgel in Deutschland erstellt! Ab und zu taucht zwar eine Cavaillé-Coll Orgel in Deutschland auf. In der Regel sind dies jedoch Transferierungen von Orgeln seines Nachfolgers aus dem beginnenden 20. Jahrhundert.
So weist auch Ihre Orgel ein Klangspektrum auf, welches damit ganz andere Akzente in unserer Orgellandschaft setzen kann.
Die Architektonische Gestaltung
Heutzutage ist eine Orgel zumeist der größte Einrichtungsgegenstand eines Kirchenraumes. Dass dies zunächst nicht so augenfällig wird, haben wir der architektonischen Ausgestaltung eines eigenen Kubus für das Orgelwerk zu verdanken. Von der Masse der Orgelteile sind aus dem Raum nur der Spieltisch und ein Teil des Pfeifenwerkes hinter einem Glasschweller sichtbar – eine pfiffige Idee Ihres Architekten Herrn John Höpfner. Die Größe der Orgel reduziert sich auf die sichtbaren Bereiche dieser beweglichen Glasjalousie und der ebenerdigen Spieleinrichtung, wobei sich auch hier die Gestaltung an den Instrumenten von Cavaillé-Coll orientiert. Die Orgel hat 14 Stimmen verteilt auf 2 Manualen und Pedal. Hinter den sichtbaren Prospektpfeifen aus Zinn folgen die weiteren Register des I. Manuals = Hauptwerk = Grand Orgue. Innerhalb des Orgelkubus befindet sich hinter einer weiteren Schwelljalousie aus Holz das Pfeifenwerk des II. Manuals = Schwellwerk = Recit. Auch hier sind diese beweglichen Lamellen, durch die die Lautstärke variiert wird, manchmal in ihrer Bewegung zu sehen.
Es war uns eine große Freude, dieses Orgelwerk mit Ihnen gestalten und für Sie erstellen zu dürfen. Mein persönlicher Dank gilt allen, die uns auf diesem Wege unterstützt und mit uns zusammengearbeitet haben, vornehmlich Herrn Dr. Brandhorst, Herrn Pfäffle und Herrn Höpfner Ebenso gilt meinen Mitarbeitern ein besonderer Dank, die bei Planung, Design, Produktion und Intonation einen außerordentlichen Einsatz gezeigt haben.
So dürfen wir das Instrument übergeben mit dem Wunsch der Erbauer, welcher auch in eine Taste eingraviert ist:
S.D.G. (Soli Deo Gloria)
Gott allein zur Ehre
Hans-Georg Vleugels
Orgelbaumeister und Restaurator, Hardheim 26.09.2013